Wenn Heilung ausbleibt: Eine Täuschung der „Wort des Glaubens“-Lehre
Eigentlich
hatte ich vor, über etwas anderes zu schreiben – genauer gesagt, über die Neue
Apostolische Reformation. Doch je mehr ich mich mit ihr beschäftigte, desto
deutlicher wurde mir, wie sehr ihre Lehre auf den Ideen der "Wort des Glaubens"-Bewegung fußt. Bevor ich also weiter in diese Richtung gehe,
scheint es mir notwendig, zuerst dieses Fundament offenzulegen.
Und ehrlich
gesagt: Auch ein persönlicher Anlass hat mich zu diesem Beitrag bewegt. Ein
lieber Freund von mir ist kürzlich plötzlich an einem Herzinfarkt verstorben.
Wir hatten gebetet, wir hatten gehofft – und doch hat Gott ihn in seiner
Weisheit nicht geheilt, sondern heimgerufen. Dieser Verlust hat viele Gedanken
in mir ausgelöst – über Glauben, Heilung und über die Erwartungen, die manche
Gläubige mitbringen, oft mehr geprägt durch bestimmte Lehren als durch die
Schrift selbst.
Deshalb ist dieser Beitrag nicht der, den ich geplant hatte – aber vielleicht der, der jetzt geschrieben werden musste.
Meine erste Begegnung mit dieser Lehre
Mein erster
Kontakt mit dieser Art von Botschaft war durch die Bücher von Catherine Ponder. Sie gehört zur sogenannten New Thought-Bewegung (Neugeist). Für
mich öffneten ihre Bücher die Tür zu esoterischen und okkulten Vorstellungen –
getarnt in christlicher Sprache. Sie war Teil der Unity Church, zitierte
häufig die Bibel und sprach von Gottes Herrlichkeit. Doch in Wahrheit handelte
es sich um eine tiefgreifende Verzerrung der biblischen Botschaft und um ein
Gottesbild, das mehr mit Magie als mit Gnade zu tun hat.
Immer wieder
wurden Bibelstellen aus dem Zusammenhang gerissen, die Verantwortung für Wunder
dem Glaubenden aufgebürdet. Diese Denkweise ist nicht neu. Ihre modernen
Wurzeln finden sich bei Personen wie Maria Woodworth-Etter, John G.
Lake, Charles Parham oder William Branham – Gestalten, die
stark mit der frühen charismatischen Bewegung und Heilungserweckungen des 19.
und frühen 20. Jahrhunderts verbunden sind.
Die
detaillierte Aufarbeitung der historischen Entwicklung und weltweiten
Verbreitung dieser Ideen ist komplex. Deshalb möchte ich mich hier auf die
heutige Anwendung und Verbreitung konzentrieren.
Was ist das Wort-des-Glaubens
Vorstellung,
dass im gesprochenen Wort eine kreative Kraft liegt. Diese Kraft, die im
Schöpfungsbericht von 1. Mose 1 deutlich wird, wird jedoch nicht allein Gott
zugeschrieben. Vielmehr behaupten manche Lehrer dieser Bewegung, dass auch
Christen über diese schöpferische Fähigkeit verfügen – schließlich hat uns Gott
in seinem Ebenbild geschaffen.
In manchen
Fällen geht das so weit, dass Menschen gar als „kleine Götter“ bezeichnet
werden.
Heutige Verfechter dieser Lehre sind z. B. Kenneth Copeland, Benny
Hinn, Joseph Prince, Bill Johnson (Bethel) – und noch viele
mehr.
Weitere
Informationen:
relinfo.ch –
Wort-des-Glaubens-Bewegung
Das große Versprechen: „Gott will immer heilen“
In Teilen
dieser neo-charismatischen Bewegung gibt es eine weitverbreitete Lehre, die
besagt:
Es ist immer
Gottes Wille zu heilen.
Lass das einen
Moment sacken.
Wenn das wirklich wahr wäre, stellt sich unweigerlich eine Frage:
- Warum gibt
es dann noch so viele kranke Menschen – auch Christen?
- Warum gibt
es kranke Babys?
- Warum
erkranken Menschen an Krebs?
- Warum
werden manche Kinder mit schweren Behinderungen geboren?
Diese Fragen
führen uns bereits zum Kern des Problems.
Denn wenn diese Lehre stimmt – warum sieht unsere Welt dann so grundlegend
anders aus?
Um mit diesem
Widerspruch umzugehen, bleiben am Ende nur zwei Erklärungen:
- Es ist unsere Schuld.
- Es ist Gottes Schuld.
Beide Antworten sind zerstörerisch für den Glauben – und beide werfen schwerwiegende theologische Probleme auf, die ich hier näher betrachten möchte.
Was die Bibel wirklich sagt
Gott hat uns
kein leidfreies Leben versprochen.
Er hat uns nicht garantiert, dass wir in diesem Leben immer gesund sein werden.
Aber Er hat versprochen:
- „In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“ – Johannes 16,33
- „Meine Gnade genügt dir, denn meine Kraft kommt in Schwachheit zur Vollendung.“ – 2. Korinther 12,9
- „Dreimal
habe ich den Herrn gebeten, dass er von mir ablasse.“ – 2. Korinther 12,8
Gottes Antwort
war keine Heilung, sondern Gnade.
Selbst Jesus,
im Garten Gethsemane, betete:
„Vater, wenn du
willst, nimm diesen Kelch von mir. Doch nicht mein, sondern dein Wille
geschehe.“ – Lukas 22,42
Er wurde nicht
vom Leiden verschont – sondern ging bewusst hindurch. Für uns.
Punkt 1: Es ist unsere Schuld...
Wenn man der Logik dieser Lehre folgt, gibt es viele Gründe, warum es nicht klappt:
• Du zweifelst
• Jemand in deinem Umfeld zweifelt
• Du hast nicht genug gebetet
• Es gibt verborgene Sünde
• Du hast nicht genug gespendet – am besten an den Lehrer, der diese Botschaft verbreitet
...und so weiter.
Seht ihr das Problem?
Es geht nur noch um uns – um unsere Leistung, unsere Anstrengung, unseren Mangel.
Wir werden zu denjenigen, die Gott überzeugen müssen.
Und nicht nur das: Nach dieser Logik scheint Gott ohne unser Zutun gar nicht handeln zu können. Oder anders gesagt: Unser Versagen hindert Gott daran, Seinen Willen auszuführen.
Was für ein erschütterndes Gottesbild – als wäre der Schöpfer des Himmels und der Erde abhängig von der Leistung seiner Geschöpfe.
Und so wird gebetet, gehofft, gekämpft. Und irgendwann setzt die Verzweiflung ein. Dann kommen schnell die Fragen wie:
• Was stimmt nicht mit mir?
• Warum heilt Gott andere, aber nicht mich?
• Liebt Er mich überhaupt?
Punkt 2: Es ist Gottes Schuld...
Wenn man alles „abgearbeitet“ hat – geglaubt, gefastet, bekannt, gespendet – und es passiert trotzdem nichts, dann bleibt nur noch der Gedanke:
Vielleicht ist Gott das Problem.
Wenn das Versprochene nicht eintritt, dann beginnt man zu zweifeln:
• Ist Er vertrauenswürdig?
• Ist Er überhaupt allmächtig?
• Oder ist Er – Gott bewahre – ungerecht?
Solche Gedanken, ob laut ausgesprochen oder innerlich getragen, sind gefährlich. Sie führen zu einem verzerrten Gottesbild, das mehr mit Enttäuschung als mit Offenbarung zu tun hat – genährt durch falsche Erwartungen und irreführende Lehren.
Die Folge:
Das Gebet wird kraftlos, Glaube wird zu Frustration, Anbetung verstummt…. Und leider kommen viele an den Punkt zu denken: „Nach all dem – es gibt keinen Gott…“
Woher kommt die Vorstellung, dass Gott immer heilen will?
Zwei Bibelverse werden besonders oft als Beleg für diese Lehre herangezogen:
•„Durch seine Wunden sind wir geheilt.“ – Jesaja 53,5
•„Und viele folgten ihm (Jesus), und er heilte sie alle.“ – Matthäus 12,15
Doch die entscheidende Frage bleibt:
Bezieht sich diese „Heilung“ wirklich auf körperliche Gesundheit – und zwar jederzeit, für jeden?
Ich wage zu sagen: Nein.
In 1. Petrus 2,24 wird deutlich, dass sich die Heilung, von der Jesaja spricht, in erster Linie auf unsere Sünde und das Verhältnis zu Gott bezieht – nicht auf Krankheiten im physischen Sinne. Es geht um Erlösung, nicht um garantierte Gesundheit in diesem Leben.
- Heilt Gott? Ja.
- Garantiert Er es? Nein.
- Tut Gott heute noch Wunder? Ja.
Aber: Hat Er uns Heilung in jedem Fall, zu jeder Zeit versprochen? Nein.
Meine liebe Mama hat mir einmal etwas gesagt, das ich nie vergessen habe. Sie sagte, dass Gott auf drei Arten heilt:
1. Sofort – das ist ein Wunder.
2. Im Prozess – das ist Genesung.
3. Durch den Tod – das ist Erlösung und Auferstehung.
Wer ist Gott wirklich?
Er ist Gott.
Heilig. Souverän. Barmherzig. Und gerecht.
· Also ist Gott kein Roboter.
· Kein Wunsch-Erfüller.
· Kein Flaschengeist.
· Kein spiritueller
Dienstleister.
· Kein kosmischer
Butler, der auf unsere Befehle wartet.
Manchmal sagt Er „nein“. Oder „noch nicht“. Nicht aus Lieblosigkeit, sondern weil Seine Weisheit über unser Verstehen hinausgeht.
Das ist vielleicht kein Trost in der ersten Trauer.
Aber auf lange Sicht ist ein Gott, der nicht unserem Willen folgt, sondern das Universum lenkt, der einzige Gott, dem wir wirklich vertrauen können.
Ein letzter Gedanke (für den Moment)
Die falsche Lehre, dass Gott immer heilen will, lässt uns am Ende nur zwei Orte, an denen wir die Schuld suchen, wenn Heilung ausbleibt: bei uns – oder bei Gott.
Beides ist zerstörerisch. Beides ist unbiblisch.
Doch das Evangelium ist größer.
Heilung ist nicht das Ziel – Christus ist es.
Ob Heilung heute geschieht, morgen oder erst in der Ewigkeit:
Wir haben das Kostbarste schon empfangen – Ihn selbst.
Deshalb ist es entscheidend, dass wir unser Gottesbild nicht aus Erfahrungen, Gefühlen oder Enttäuschungen formen, sondern aus der Schrift. Die Bibel zeigt uns einen Gott, der treu ist – auch wenn wir ihn nicht verstehen. Einen Gott, der uns nicht immer von Krankheit befreit, aber uns durch sie hindurchträgt. Einen Gott, der uns nicht alles gibt, was wir wollen, aber alles, was wir wirklich brauchen.
In diesem Sinne, taucht tief in Gottes Wort ein und prüft alles im Licht Seiner Wahrheit.
Eure Lizzy
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