Dienstag, 8. Juli 2025

Die Wort-des-Glaubens-Bewegung entlarvt – „Wenn das Heilungswunder ausbleibt“

Ein Nachtrag

In meinem vorherigen Beitrag habe ich über das falsche Heilungsversprechen geschrieben, das in der Wort-des-Glaubens-Bewegung verbreitet wird. Beim erneuten Durchlesen wurde mir bewusst, dass ein zentraler Aspekt bisher gefehlt hat: nämlich, wie zerstörerisch sich diese Lehre ganz konkret im Alltag auswirkt – und welchen Schaden sie im Leben von Gläubigen und ihren Angehörigen anrichtet.

Einige dieser Auswirkungen habe ich bereits angedeutet, aber ich möchte sie nun noch persönlicher und eindrücklicher beschreiben. Auch ich selbst musste mich bereits mit diesem Thema auseinandersetzen – das erste Mal, als meine Mama eine schwere Diagnose erhielt. Gott sei Dank ist sie vollständig genesen. Und dann im vergangenen Jahr, als mein Vater schwer erkrankte – und die Heilung hier auf Erden ausblieb.

Beide Situationen brachten ganz unterschiedliche Herausforderungen mit sich. Einmal ging es um schwere Entscheidungen darüber, welche medizinischen Behandlungen sinnvoll sind und welche man ablehnen sollte, das andere Mal um die Frage, wie ich meinem Vater die rettende Botschaft Christi in aller Klarheit verkünden kann. Und beide Male wurde mein Glaube geprüft: Vertraue ich Gottes Wort wirklich? Glaube ich, dass Er gut und gerecht ist – auch dann, wenn es weh tut?

Gerade dieses Vertrauen war in beiden Situationen ein großer Segen. Es hat mir ermöglicht, meinen Eltern so gut wie möglich beizustehen – auch wenn ich nicht vor Ort sein konnte. Es hat mir geholfen, den Blick auf das Wesentliche zu richten: auf die Ewigkeit, auf das Evangelium, auf die Treue Gottes – in Gesundheit wie in Krankheit, im Leben wie im Sterben.

 


Der Albtraum einer schlechten Diagnose

Natürlich beten wir um Heilung, wenn ein geliebter Mensch erkrankt – und oft auch für Fremde in unseren Gebetsgruppen. Doch wie ich bereits im letzten Beitrag geschrieben habe: Eine Heilung ist uns nicht immer verheißen. Wir, die an Jesus, unseren Heiland, glauben, sind von den Herausforderungen des Lebens nicht ausgenommen.

Fast jeder kennt jemanden, der an Krebs oder einer anderen schweren Krankheit leidet. Manche kämpfen und werden gesund. Viele andere kämpfen – und verlieren doch. Und unter ihnen sind viele treue Christen. Für sie hat Gott in seiner Weisheit und Güte die endgültige Heilung offenbar für den Himmel bestimmt.

Doch wie wirkt sich eine falsche Lehre wie die der Wort-des-Glaubens-Bewegung im Alltag konkret aus? Für mich ist es ein zutiefst tragischer Diebstahl. Was meine ich damit?

Diese Lehre erlaubt keinen Zweifel an der irdischen Heilung. Und genau dadurch wird den Betroffenen etwas Kostbares genommen: Zeit. Zeit, um sich innerlich und äußerlich auf das Kommende vorzubereiten – sei es auf Heilung oder auf das Heimgehen. Zeit für ehrliche Gespräche, für gemeinsame Erinnerungen. Zeit, um Frieden zu schließen – mit sich selbst, mit anderen, mit Gott. Zeit, um das wahre Evangelium und seine Hoffnung weiterzugeben. Und nicht zuletzt: Zeit, um praktische Dinge zu regeln, damit die Familie nicht vor einem Scherbenhaufen steht, wenn der geliebte Mensch zu Jesus heimgeht.

Ich frage mich: Warum haben so viele von uns Christen solche Angst, Jesus von Angesicht zu Angesicht zu begegnen? Warum klammern wir uns so verzweifelt an trügerische Versprechen – statt an die lebendige Hoffnung, die uns im Evangelium gegeben ist?

Ja, es ist schwer. Unfassbar schwer. Der Gedanke, einen geliebten Menschen zu verlieren – oder selbst zu sterben – bringt Schmerz, Angst, Tränen. Und doch: Sollte unsere Hoffnung nicht größer sein als unsere Angst?

Denn das ist unser Glaube: dass Jesus den Tod besiegt hat. Dass der Tod nicht das Ende ist, sondern der Anfang eines neuen, herrlichen Lebens in Gottes Gegenwart. Wenn wir das glauben – wirklich glauben –, warum fällt uns das Loslassen dann so schwer? Warum trösten wir uns nicht mit dieser Gewissheit, sondern klammern uns an leere Versprechen, die uns am Ende nur tiefer in Verzweiflung stürzen, wenn das ersehnte Wunder ausbleibt?

 


Wenn der Glaube zerbricht

Was viele nach dem Ausbleiben des erhofften Wunders erleben, ist nicht nur der Schmerz über Krankheit oder Verlust – sondern auch eine tiefe Erschütterung ihres Glaubens. Fragen tauchen auf, die einen innerlich zerreißen: „Habe ich nicht genug geglaubt?“ – „War mein Vertrauen zu schwach?“ – oder schlimmer noch: „Hat Gott mich verlassen?“ Solche Gedanken sind keine Seltenheit. Und sie entstehen, weil ein falsches Bild von Gott vermittelt wurde – ein Bild, das seine Liebe an unsere Leistung knüpft und sein Handeln an unsere Erwartungen bindet.

Doch der Schaden bleibt nicht auf die Gläubigen beschränkt. Auch Menschen, die dem Glauben fernstehen, beobachten solche Situationen. Wenn sie sehen, wie Christen voller Überzeugung Heilung versprechen – und dann doch am Grab stehen –, ziehen viele daraus nur einen Schluss: „Den Gott gibt’s doch gar nicht.“ Statt neugierig oder offen zu werden, wenden sie sich enttäuscht, spöttisch oder resigniert ab. Nicht wegen des wahren Evangeliums – sondern wegen einer verzerrten Darstellung davon. Was für ein Schmerz, wenn gerade dort, wo Hoffnung geteilt werden sollte, Enttäuschung und Glaubensabfall gesät wird.

 


Was mich trägt

Ich kann und will nicht alle Antworten geben. Aber was ich sagen kann – aus eigener Erfahrung – ist dies: Gottes Treue hängt nicht an meiner Stärke. Er ist kein Automat, bei dem man nur genug Glauben „einwerfen“ muss, damit das gewünschte Ergebnis herauskommt. So funktioniert unsere Beziehung zu ihm nicht. Und es ist gut, dass sie das nicht tut.

Gott bleibt gut – auch wenn es weh tut. Er bleibt treu – auch wenn das Wunder ausbleibt. Und er bleibt nah – gerade dann, wenn wir ihn am dringendsten brauchen.

Für mich liegt die größte Hoffnung nicht darin, dass Gott immer alles so macht, wie ich es mir wünsche – sondern darin, dass ich in allem, was geschieht, nicht allein bin. Jesus ist selbst den Weg des Schmerzes und Sterbens gegangen. Er weiß, wie es sich anfühlt. Und weil er lebt, weiß ich: Mein Vater war nicht allein. Und ich bin es auch nicht. Kein Tag, keine Träne, kein Abschied ist sinnlos, wenn wir ihn an unserer Seite wissen.

Diese Hoffnung tröstet mich. Sie gibt mir Frieden, auch wenn Fragen offenbleiben. Und sie hilft mir, anderen beizustehen – nicht mit leeren Versprechen, sondern mit ehrlicher Hoffnung.

 


Ein persönlicher Wunsch zum Schluss

Mein Wunsch ist, dass wir als Christen wieder lernen, die wahre Hoffnung des Evangeliums in den Mittelpunkt zu stellen – nicht menschliche Wunschvorstellungen, sondern Gottes verlässliche Verheißungen. Dass wir mutig bezeugen, dass Jesus unser größter Trost ist – nicht nur in Momenten des Sieges, sondern gerade auch im Leid. Und dass wir aufhören, Dinge zu versprechen, die Gott nie garantiert hat.

Ich wünsche mir, dass wir einander ehrlich begegnen dürfen – im Glauben, im Zweifel, im Schmerz. Und dass wir gemeinsam neu entdecken, was für ein Schatz darin liegt, dem guten Hirten zu folgen, auch wenn sein Weg nicht immer dem entspricht, was wir erhofft hatten. Denn eines ist gewiss: Er ist bei uns – bis ans Ende der Welt. Und darüber hinaus.


In diesem Sinne, taucht tief in Gottes Wort ein und prüft alles im Licht Seiner Wahrheit.



Eure Lizzy


Bilderquelle: https://dailyverses.net/de


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