Ein Nachtrag
In meinem
vorherigen Beitrag habe ich über das falsche Heilungsversprechen geschrieben,
das in der Wort-des-Glaubens-Bewegung verbreitet wird. Beim erneuten Durchlesen
wurde mir bewusst, dass ein zentraler Aspekt bisher gefehlt hat: nämlich, wie
zerstörerisch sich diese Lehre ganz konkret im Alltag auswirkt – und welchen
Schaden sie im Leben von Gläubigen und ihren Angehörigen anrichtet.
Einige dieser
Auswirkungen habe ich bereits angedeutet, aber ich möchte sie nun noch
persönlicher und eindrücklicher beschreiben. Auch ich selbst musste mich
bereits mit diesem Thema auseinandersetzen – das erste Mal, als meine Mama eine
schwere Diagnose erhielt. Gott sei Dank ist sie vollständig genesen. Und dann
im vergangenen Jahr, als mein Vater schwer erkrankte – und die Heilung hier auf
Erden ausblieb.
Beide
Situationen brachten ganz unterschiedliche Herausforderungen mit sich. Einmal
ging es um schwere Entscheidungen darüber, welche medizinischen Behandlungen
sinnvoll sind und welche man ablehnen sollte, das andere Mal um die Frage, wie
ich meinem Vater die rettende Botschaft Christi in aller Klarheit verkünden kann. Und beide Male wurde mein Glaube geprüft: Vertraue ich Gottes Wort
wirklich? Glaube ich, dass Er gut und gerecht ist – auch dann, wenn es weh tut?
Gerade dieses
Vertrauen war in beiden Situationen ein großer Segen. Es hat mir ermöglicht,
meinen Eltern so gut wie möglich beizustehen – auch wenn ich nicht vor Ort sein
konnte. Es hat mir geholfen, den Blick auf das Wesentliche zu richten: auf die
Ewigkeit, auf das Evangelium, auf die Treue Gottes – in Gesundheit wie in
Krankheit, im Leben wie im Sterben.
Der Albtraum
einer schlechten Diagnose
Natürlich beten
wir um Heilung, wenn ein geliebter Mensch erkrankt – und oft auch für Fremde in
unseren Gebetsgruppen. Doch wie ich bereits im letzten Beitrag geschrieben
habe: Eine Heilung ist uns nicht immer verheißen. Wir, die an Jesus, unseren
Heiland, glauben, sind von den Herausforderungen des Lebens nicht ausgenommen.
Fast jeder kennt
jemanden, der an Krebs oder einer anderen schweren Krankheit leidet. Manche
kämpfen und werden gesund. Viele andere kämpfen – und verlieren doch. Und unter
ihnen sind viele treue Christen. Für sie hat Gott in seiner Weisheit und Güte
die endgültige Heilung offenbar für den Himmel bestimmt.
Doch wie wirkt
sich eine falsche Lehre wie die der Wort-des-Glaubens-Bewegung im Alltag
konkret aus? Für mich ist es ein zutiefst tragischer Diebstahl. Was meine ich
damit?
Diese Lehre
erlaubt keinen Zweifel an der irdischen Heilung. Und genau dadurch wird den
Betroffenen etwas Kostbares genommen: Zeit. Zeit, um sich innerlich und
äußerlich auf das Kommende vorzubereiten – sei es auf Heilung oder auf das
Heimgehen. Zeit für ehrliche Gespräche, für gemeinsame Erinnerungen. Zeit, um
Frieden zu schließen – mit sich selbst, mit anderen, mit Gott. Zeit, um das
wahre Evangelium und seine Hoffnung weiterzugeben. Und nicht zuletzt: Zeit, um
praktische Dinge zu regeln, damit die Familie nicht vor einem Scherbenhaufen
steht, wenn der geliebte Mensch zu Jesus heimgeht.
Ich frage mich:
Warum haben so viele von uns Christen solche Angst, Jesus von Angesicht zu
Angesicht zu begegnen? Warum klammern wir uns so verzweifelt an trügerische
Versprechen – statt an die lebendige Hoffnung, die uns im Evangelium gegeben
ist?
Ja, es ist
schwer. Unfassbar schwer. Der Gedanke, einen geliebten Menschen zu verlieren –
oder selbst zu sterben – bringt Schmerz, Angst, Tränen. Und doch: Sollte unsere
Hoffnung nicht größer sein als unsere Angst?
Denn das ist
unser Glaube: dass Jesus den Tod besiegt hat. Dass der Tod nicht das Ende ist,
sondern der Anfang eines neuen, herrlichen Lebens in Gottes Gegenwart. Wenn wir
das glauben – wirklich glauben –, warum fällt uns das Loslassen dann so schwer?
Warum trösten wir uns nicht mit dieser Gewissheit, sondern klammern uns an
leere Versprechen, die uns am Ende nur tiefer in Verzweiflung stürzen, wenn das
ersehnte Wunder ausbleibt?
Wenn der Glaube
zerbricht
Was viele nach
dem Ausbleiben des erhofften Wunders erleben, ist nicht nur der Schmerz über
Krankheit oder Verlust – sondern auch eine tiefe Erschütterung ihres Glaubens.
Fragen tauchen auf, die einen innerlich zerreißen: „Habe ich nicht genug
geglaubt?“ – „War mein Vertrauen zu schwach?“ – oder schlimmer noch: „Hat Gott
mich verlassen?“ Solche Gedanken sind keine Seltenheit. Und sie entstehen, weil
ein falsches Bild von Gott vermittelt wurde – ein Bild, das seine Liebe an
unsere Leistung knüpft und sein Handeln an unsere Erwartungen bindet.
Doch der
Schaden bleibt nicht auf die Gläubigen beschränkt. Auch Menschen, die dem
Glauben fernstehen, beobachten solche Situationen. Wenn sie sehen, wie Christen
voller Überzeugung Heilung versprechen – und dann doch am Grab stehen –, ziehen
viele daraus nur einen Schluss: „Den Gott gibt’s doch gar nicht.“ Statt
neugierig oder offen zu werden, wenden sie sich enttäuscht, spöttisch oder
resigniert ab. Nicht wegen des wahren Evangeliums – sondern wegen einer
verzerrten Darstellung davon. Was für ein Schmerz, wenn gerade dort, wo
Hoffnung geteilt werden sollte, Enttäuschung und Glaubensabfall gesät wird.
Was mich trägt
Ich kann und
will nicht alle Antworten geben. Aber was ich sagen kann – aus eigener
Erfahrung – ist dies: Gottes Treue hängt nicht an meiner Stärke. Er ist kein
Automat, bei dem man nur genug Glauben „einwerfen“ muss, damit das gewünschte
Ergebnis herauskommt. So funktioniert unsere Beziehung zu ihm nicht. Und es ist
gut, dass sie das nicht tut.
Gott bleibt gut
– auch wenn es weh tut. Er bleibt treu – auch wenn das Wunder ausbleibt. Und er
bleibt nah – gerade dann, wenn wir ihn am dringendsten brauchen.
Für mich liegt
die größte Hoffnung nicht darin, dass Gott immer alles so macht, wie ich es mir
wünsche – sondern darin, dass ich in allem, was geschieht, nicht allein bin.
Jesus ist selbst den Weg des Schmerzes und Sterbens gegangen. Er weiß, wie es
sich anfühlt. Und weil er lebt, weiß ich: Mein Vater war nicht allein. Und ich
bin es auch nicht. Kein Tag, keine Träne, kein Abschied ist sinnlos, wenn wir
ihn an unserer Seite wissen.
Diese Hoffnung
tröstet mich. Sie gibt mir Frieden, auch wenn Fragen offenbleiben. Und sie
hilft mir, anderen beizustehen – nicht mit leeren Versprechen, sondern mit
ehrlicher Hoffnung.
Ein
persönlicher Wunsch zum Schluss
Mein Wunsch
ist, dass wir als Christen wieder lernen, die wahre Hoffnung des Evangeliums in
den Mittelpunkt zu stellen – nicht menschliche Wunschvorstellungen, sondern
Gottes verlässliche Verheißungen. Dass wir mutig bezeugen, dass Jesus unser
größter Trost ist – nicht nur in Momenten des Sieges, sondern gerade auch im
Leid. Und dass wir aufhören, Dinge zu versprechen, die Gott nie garantiert hat.
Ich wünsche
mir, dass wir einander ehrlich begegnen dürfen – im Glauben, im Zweifel, im
Schmerz. Und dass wir gemeinsam neu entdecken, was für ein Schatz darin liegt,
dem guten Hirten zu folgen, auch wenn sein Weg nicht immer dem entspricht, was
wir erhofft hatten. Denn eines ist gewiss: Er ist bei uns – bis ans Ende der
Welt. Und darüber hinaus.
In diesem Sinne, taucht tief in Gottes Wort ein und prüft alles im Licht Seiner Wahrheit.
Eure Lizzy
Bilderquelle: https://dailyverses.net/de
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