Montag, 27. Oktober 2025

Dominionismus - Das Reich Gottes – oder das Reich der Menschen?

Eine theologische Spurensuche zwischen Dominionismus, „Kingdom Now“ und esoterischen Verheißungen

Es ist leicht, in unserer Zeit den Überblick zu verlieren.
Die Welt scheint aus den Fugen geraten – moralisch, geistlich, politisch. Viele Christen fragen sich, was sie tun sollen: stillhalten und warten – oder aufstehen und die Welt „für Gott zurückerobern“?

Und genau hier beginnt eine gefährliche Verwechslung, die heute unter Namen wie Dominionismus, Kingdom Now („Königreich jetzt“) oder dem 7-Berge-Mandat läuft.

Definition:
Der Dominionismus (von dominion = Herrschaft) ist eine theologische Lehre, die besagt, dass Christen berufen seien, die Herrschaft über die Welt auszuüben, um das Reich Gottes schon jetzt auf Erden zu errichten –im Gegensatz zur biblischen Lehre, dass dieses Reich erst mit der Wiederkunft Christi kommt.

Der Theologe Mike Oppenheimer beschreibt diese Strömungen sehr treffend. Ich stimme ihm in fast allem zu, weil ich ähnliche Tendenzen selbst beobachtet habe – und manches davon sogar in der Esoterik schon gehört hatte, bevor ich Christ wurde. Damals hieß es nur anders.

 


Vom Reich Gottes zum Reich der Kirche

Was im Dominionismus gelehrt wird, ist letztlich die Vorstellung, dass die Kirche selbst das Reich Gottes auf Erden aufbauen und vollenden müsse - nicht Christus, sondern die Gemeinde als Werkzeug göttlicher Herrschaft. Diese Idee wurzelt in der „Latter Rain“-Bewegung der späten 1940er-Jahre.
Dort entstand das Konzept, dass die Gläubigen durch „geistliche Kriegsführung“, „Dekrete“ und das „Erobern aller gesellschaftlichen Bereiche“ die Wiederkunft Jesu vorbereiten sollen.

Das klingt zunächst edel – wer möchte nicht eine bessere Welt? Sollen wir nicht als Christen unser Umfeld prägen und Licht sein? Ja, aber in dieser Lehre verschiebt sich der Kern des Evangeliums: Jesus sprach nie davon, dass die Gemeinde die Welt beherrschen soll, sondern dass sie treu bezeugen soll, bis Er kommtWenn wir jedoch glauben, wir müssten das Reich erst vorbereiten, damit Jesus wiederkommen kann, dann wird Er – nach dieser Logik – niemals wiederkommen. Denn das Reich Gottes ist kein menschliches Projekt, sondern das Werk des Königs selbst.

" ...denn alle haben gesündigt und verfehlen die Herrlichkeit, die sie vor Gott haben sollten" Römer 3,23 SCH2000

In der Kingdom Now-Theologie heißt es dagegen:

„Christus wird erst dann zurückkehren, wenn die Kirche alle Nationen unterworfen und das Reich Gottes auf Erden etabliert hat.“

Ern Baxter, ein einflussreicher Sprecher dieser Bewegung, sagte 1975:

„Gottes Volk wird Herrschaft ausüben … Sie werden die diabolischen Fürstentümer stürzen … und die Regierung Gottes auf Erden bringen.“²

Franklin Hall, ein weiterer Latter-Rain-Leiter, schrieb schon 1966:

„Die Söhne Gottes werden alle Nationen mit eisernem Zepter regieren.“³

Doch genau das – die Herrschaft mit eisernem Zepter – gehört nach der Bibel Christus allein (Offb 12,5).



Herrschen statt Dienen? – Wie Bibelstellen für das falsche Reich missbraucht werden

Was diese Lehre so gefährlich macht, ist nicht nur ihr Ziel, sondern ihre scheinbar biblische Begründung. Wer die Argumente hört, könnte leicht denken, das alles stehe so in der Bibel. Und tatsächlich berufen sich die Vertreter des Dominionismus auf mehrere Verse, die sie – aus dem Zusammenhang gerissen – als Auftrag zur Weltherrschaft der Kirche deuten.

Der wichtigste Vers, der fast immer genannt wird, steht ganz am Anfang der Bibel:

„Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan; und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel des Himmels und über alles Getier, das auf Erden kriecht.“
(1. Mose 1,28)

Hier begann – so sagen sie – der Herrschaftsauftrag des Menschen, das sogenannte Mandat der Schöpfung (Dominion Mandate). Sie behaupten, dieser Auftrag sei nie aufgehoben worden und müsse jetzt durch die Kirche wiederhergestellt werden.1

Doch dieser Vers spricht nicht von geistlicher Herrschaft, sondern von Verantwortung über die Schöpfung – als Verwalter, nicht als Eroberer. Er wurde Adam und Eva gegeben, nicht, um über andere Menschen zu herrschen, sondern um die Erde treu zu bebauen und zu bewahren.

Ein weiterer Schlüsselvers, der häufig verwendet wird, ist Jesu Aussage an Petrus:

„Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; und was du auf Erden binden wirst, das soll auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das soll auch im Himmel gelöst sein.“
(Matthäus 16,19)

Für Dominionisten bedeutet das: Jesus habe der Kirche die „Herrschaftsschlüssel“ der Welt zurückgegeben, die Adam einst an Satan verloren habe.2 Doch auch hier geht es nicht um politische Macht oder irdische Autorität – sondern um die Verkündigung des Evangeliums und die Vollmacht, Sünden zu vergeben durch das Evangelium von Christus (Joh 20,23). Nicht die Kirche erlöst die Welt – Christus allein tut es.

Ebenfalls oft zitiert wird das sogenannte „Vaterunser-Mandat“:

„Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden.“
(Matthäus 6,10)

Dominionisten verstehen das als Aufforderung, Gottes Reich aktiv auf Erden herzustellen – als wäre das Gebet ein Befehl an uns, das Himmelreich sichtbar zu machen. Doch Jesus lehrte uns nicht, das Reich zu bauen, sondern nach ihm zu verlangen.3 Das Gebet drückt Sehnsucht aus, nicht Strategie. Es ist eine Bitte, kein Befehl.

Schließlich greifen sie gerne auf Psalm 110,1–2 zurück:

„Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde hinlege als Schemel deiner Füße! Der HERR wird das Zepter deiner Macht ausstrecken von Zion: Herrsche inmitten deiner Feinde!“

Hier sagen sie: Das Zepter sei nun der Gemeinde übergeben worden. Doch der Text spricht von Jesus, nicht von der Kirche.4 Er ist prophetisch auf Christus bezogen, der eines Tages selbst wiederkommen und herrschen wird (vgl. Hebr 1,13). Wir leben heute in der Zeit der Gnade, nicht der Herrschaft.

In all diesen Beispielen zeigt sich dasselbe Muster: Aus der Berufung, Verwalter zu sein, wird ein Anspruch auf  Herrschaft gemacht. Aus der Bitte „Dein Reich komme“ wird das Programm „Wir bauen es selbst“. Und aus der Erwartung der Wiederkunft Christi wird die Behauptung: Er kommt erst, wenn wir alles vorbereitet haben.

Doch das Reich Gottes ist nicht das Werk der Menschen – es ist das Werk des Königs selbst.


Geistliche Kriegsführung – oder menschliche Macht?

Im dominionistischen Denken wird geistlicher Kampf oft zu einem Instrument, um „Machtgebiete“ einzunehmen. Man spricht über „Fürstentümer über Städten“, „Dekrete“ und „Gebetsregierungen“. Doch was ursprünglich geistlich gemeint war, wird zur Strategie für geistliche Kontrolle – bis hin zur Idee einer „Gottesregierung auf Erden“.

C. Peter Wagner, einer der bekanntesten Köpfe dieser Bewegung, sagte:

„Satan hat in unserer Gesellschaft zu viel Einfluss, weil er eine Regierung hat. Und die einzige Möglichkeit, eine Regierung zu stürzen, ist mit einer anderen Regierung.“⁴

Das bedeutet praktisch: Die Kirche soll selbst zur Regierung werden.
Aber Jesus sagte das Gegenteil:

Jesus aber rief sie zu sich und sagte: »Ihr wißt, daß die weltlichen Herrscher sich als Herren gegen ihre Völker benehmen und daß ihre Großen sie vergewaltigen. Bei euch aber darf es nicht so sein; wer unter euch als Großer dastehen möchte, der muß euer Diener sein, und wer bei euch der Erste sein möchte, der muß euer Knecht sein, (Matthäus 20,25–27)

Ein anderes Reich – und ein anderer Christus

Als ich mich später mit der Geschichte dieser Lehren beschäftigte, war ich ehrlich erschrocken.
Vieles, was heute als „prophetische Offenbarung“ in charismatischen Kreisen auftaucht, habe ich früher in der Esoterik gelesen. Eine der zentralen Figuren dort war Alice Bailey – eine Okkultistin, die behauptete, ihre Lehren von einem „aufgestiegenen Meister“ (oder auch Höheres Selbst oder Geistlicher Führer) empfangen zu haben.

Bailey sprach schon in den 1930er-Jahren von einem kommenden „Reich Gottes auf Erden“ und schrieb:

„Christus kam, um das Reich Gottes auf Erden zu gründen … Sein Auftrag ist nicht gescheitert. Das Reich ist jetzt organisiert auf Erden.“¹⁰–¹²

Ich erinnere mich, wie verlockend das damals klang:
Ein Reich ohne Gericht, ohne Kreuz, ohne Umkehr – einfach eine neue, erleuchtete Menschheit.
Heute erkenne ich: Das war nicht der Heilige Geist. Es war dieselbe alte Versuchung aus Eden – „Ihr werdet sein wie Gott.“

Bailey forderte, die Kirche solle ihre Dogmen „sprengen“, den „wahren inneren Sinn“ lehren und das „Reich hier und jetzt materialisieren“.⁹,¹³
Sie sprach sogar davon, dass „die wahren Kinder Gottes erscheinen werden, um die Menschheit zu führen“.¹⁴

Das klingt erschreckend ähnlich zu den sogenannten „manifestierten Söhnen Gottes“, die in der Latter-Rain-Bewegung als endzeitliche Übermenschen gelten.
Doch Bailey meinte damit nicht Wiedergeburt aus dem Geist Gottes, sondern „seelengelenkte“ Menschen – also nach ihrer Sicht Wesen, die sich durch höhere Energien (sprich: Geister) führen lassen.¹⁶

 


Gleiche Sprache, anderer Geist

Mike Oppenheimer beschreibt diesen Zusammenhang sehr treffend:
Die okkulte Vision Baileys und die „Kingdom Now“-Theologie haben die gleiche Richtung, nur mit christlicher Sprache.

Bailey sprach davon, die Kirche müsse ihr „äußeres Erscheinungsbild bewahren“, um viele zu erreichen, aber ihre Lehre von innen heraus verändern.⁹
Genau das sehen wir heute, wenn unter dem Schlagwort „Reich Gottes“ oder „Transformation der Kultur“ ein anderer Geist verkündet wird – ein Geist, der den König ersetzt durch das Kollektiv.

Jesus sagte: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt.“ (Joh 18,36)
Alice Bailey sagte: „Das Reich ist diese Welt.“

Das sind zwei völlig gegensätzliche Evangelien.

 

 Mein persönlicher Gedanke dazu

Ich schreibe das nicht als Außenstehende.
Ich weiß, wie schnell man von der Sehnsucht nach Licht und Veränderung in eine spirituelle Täuschung hineingeraten kann. Ich selbst war jahrelang verblendet und dachte „die Wahrheit“ zu leben. Ich glaubte mich Weise, Verständnisvoll und voller Liebe aber ich war das Gegenteil. Ich war Arrogant, Verurteilend und sah auf weniger „Erleuchtete“ Menschen herab, wenn ich heute darüber nachdenke bin ich von mir selbst entsetzt… Aber Gott. Mein Herr und Retter hat seine Hand zu mir ausgestreckt und geduldig gewartet bis ich bereit war, und ich kann gar nicht sagen wie Dankbar ich bin das die Zeit für mich gereicht hat. Dies ist einer der Gründe warum ich mit diesem Block anfing, ich wollte aufschreiben wie leicht es ist von dieser Welt verführt zu werden, wie schnell man in die Falle des Teufels tappen kann ohne es zu merken.


Die Vorstellung, wir könnten die Welt erlösen, gibt einem das Gefühl von Macht – aber sie nimmt einem den Blick auf den, der allein rettet.

Das Reich Gottes beginnt nicht mit Herrschaft, sondern mit Demut und Umkehr.
Es wird nicht durch Dekrete errichtet, sondern durch das Wirken des Heiligen Geistes im einzelnen Herzen.
Es kommt nicht von unten nach oben – sondern von oben nach unten, wenn Christus wiederkommt.


Wenn ich heute auf diese Entwicklungen blicke, dann erkenne ich darin dieselbe Versuchung, die mich einst gefangen hielt – nur in frommer Sprache.
Damals hieß es „Aufstieg ins höhere Bewusstsein“, heute nennt man es „die Welt für Christus gewinnen“.
In beiden Fällen steht am Ende dieselbe Idee: der Mensch baut das Reich selbst.

Doch jedes Reich, das von Menschenhand errichtet wird, trägt den Samen seines Untergangs bereits in sich.
Und genau das sehen wir auch bei den neuen Bewegungen, die sich aufmachen, ganze Gesellschaftsstrukturen „für Gott“ einzunehmen.
Eine davon ist das sogenannte 7-Berge-Mandat – ein Konzept, das auf den ersten Blick engagiert und mutig klingt, bei näherem Hinsehen aber dieselbe falsche Grundlage hat: den Menschen auf dem Thron statt Christus.

 

Bevor ich darauf eingehe, möchte ich jedoch einen Moment innehalten.

Mir ist bewusst, dass diese Themen fordernd sind – nicht nur theologisch, sondern auch geistlich.
Ich lese, prüfe und bete mich seit Wochen durch Bücher und Vorträge von Leuten wie C. Peter Wagner und anderen, um wirklich zu verstehen, was dahinter steckt.

Ich möchte weder mich noch meine Leser überfordern, sondern die Dinge Schritt für Schritt beleuchten. Darum werde ich im nächsten Teil der Serie genauer hinschauen, woher das 7-Berge-Mandat kommt, was es wirklich bedeutet – und warum es so viele Christen heute verführt, es für das Reich Gottes zu halten.

 

In diesem Sinne, taucht tief in Gottes Wort ein und prüft alles im Licht Seiner Wahrheit. 



Eure Lizzy

 

 

Quellen und Literatur

Die angegebenen Quellen dienen zur theologischen Einordnung und sind, soweit möglich, aus den Originaltexten geprüft.

1 https://www.lighthousetrails.com/false-signs-wonders/2011-booklet-dominionism-kingdom-now-and-what-does-the-bible-say.html (leicht vereinfacht aus Oppenheimer booklet 2019)
² Ern Baxter, National Men’s Shepherds Conference, Kansas City 1975, zit. nach Ikenyirimba Udochukwu Marcon, The Final Dispensation (Lulu 2015).
³ Franklin Hall, Subdue the Earth, Rule the Nations (Phoenix AZ: Franklin Hall Ministries, 1966), S. 57.
⁴ C. Peter Wagner, Arise Prophetic Conference, San Jose CA, 2004; vgl. The Church in the Workplace (2006).
⁹ Alice Bailey, The Externalization of the Hierarchy (New York: Lucis Publishing, 1957), S. 510–511.
¹⁰–¹² Alice Bailey, From Bethlehem to Calvary (New York: Lucis Publishing, 1937), S. 28, 227, 281.
¹³ ebd., S. 210.
¹⁴ Alice Bailey, Esoteric Psychology I (New York: Lucis Publishing, 1962), S. 291–292.
¹⁶ Bailey, Externalization of the Hierarchy, S. 588.

Bildquellen: KI generiert (ChatGPT)

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